Stehen in deinem Unternehmen größere betriebliche Veränderungen an, bei denen ein Interessenausgleich und ein Sozialplan ins Spiel kommen?
Solche Prozesse sind nie einfach, aber mit der richtigen Strategie kannst Du sie erfolgreich gestalten – und dabei gleichzeitig deine unternehmerischen Ziele und die Interessen der Belegschaft in Einklang bringen.
In diesem Leitfaden findest Du alles, was Du für eine gute Verhandlungsbasis brauchst: Worin liegen die Unterschiede zwischen Interessenausgleich und Sozialplan? Wann muss der Betriebsrat einbezogen werden? Wie lassen sich betriebliche Umstrukturierungen so planen, dass Kündigungen mit Sozialplan fair geregelt werden?
Es geht darum, die Balance zu finden. Mit einem gut durchdachten Interessenausgleich, einem Sozialplan sowie individueller Beratung bist Du gut aufgestellt und kannst auch den weiteren Verlauf der Umstrukturierung reibungsloser gestalten. Das „Wie“ zeige ich Dir!
Sofern Du im Rahmen Deiner unternehmerischen Entscheidung eine Änderung betrieblicher Strukturen planst und diese wesentliche Nachteile wie Arbeitsplatzverlust, Vergütungseinbußen oder beispielsweise Arbeitsverdichtung für die Belegschaft zur Folge haben, muss laut Betriebsverfassungsgesetz bei Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden der Betriebsrat beteiligt werden (§ 111 BetrVG).
Immer dann, wenn
anstehen, musst Du den Betriebsrat einbeziehen und lösungsorientierte Vereinbarungen wie Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln.
Interessenausgleich und Sozialplan sind nicht identisch. Der grobe Unterschied:
Sofern Du Dich noch in der Phase theoretischer Planspiele befindest, musst Du den Betriebsrat noch nicht einbeziehen bzw. beteiligen. Erst dann, wenn Du ernsthaft die Umsetzung Deiner Planungen in Betracht ziehst, ist nach §111 BetrVG der richtige Zeitpunkt zur Beteiligung gekommen.
Mein Rat im Sinne guter Zusammenarbeit: Beteilige den Betriebsrat so rechtzeitig, dass er noch Einfluss auf die Planungen nehmen könnte. Wenn die Entscheidung schon gefallen ist, ist es zu spät und das nehmen Betriebsräte einem gern - und zu Recht - übel.
Mehr zum Thema Verhandlungen mit dem Betriebsrat, liest du in diesem Artikel.
Ich weiß, es ist manchmal gar nicht so leicht, den passenden Zeitpunkt zu finden. Letztendlich treffen unterschiedliche Interessenlagen aufeinander. Als Arbeitgeber möchtest Du Deine Planungen und Ziele selbstbestimmt verfolgen, um Deine strategischen Unternehmensziele zu erreichen. Die originäre Aufgabe des Betriebsrates ist es wiederum, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und zu schützen.
Aus meiner Erfahrung – insbesondere als Mediatorin – rate ich zu einem frühzeitigen, fairen Austausch auf Augenhöhe, der im Zweifelsfall durch externe Ansprechpartner, wie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder einen Mediator unterstützt wird. Dem Erst- bzw. Informationsgespräch mit dem Betriebsrat kommt dabei besondere Bedeutung zu – Du legst hier den Grundstein für den weiteren Austausch.
Als Arbeitgeber ist es Deine Aufgabe, dem Betriebsrat die Unterlagen zugänglich zu machen, welche Grundlage Deiner Entscheidung sind. Je mehr Du Deine Beweggründe für die geplante Betriebsänderung erläuterst und Einblicke gewährst, hast Du die Chance, den Betriebsrat zu überzeugen.
Letztendlich besteht dessen Aufgabe in der Wahrung der Mitarbeiterinteressen, aber durch wertschätzende Kommunikation wirst Du den weiteren Verfahrensablauf – also die Beratungen über Interessenausgleich und Sozialplan - im Zweifelsfall positiv beeinflussen können. Denn genau das ist das Ziel: Ein konstruktiver Austausch und das Aushandeln eines Interessenausgleichs darüber, ob, wann und wie die geplante Betriebsänderung durchgeführt werden soll.
Sollte es doch zu Streitigkeiten kommen, inwieweit eine Information des Betriebsrates überhaupt notwendig ist bzw. ob es sich bei den geplanten Veränderungen um eine Betriebsänderung gem. § 111 BetrVG handelt, entscheidet das Arbeitsgericht im Streitfall auf Antrag im Beschlussverfahren.
Der Interessenausgleich regelt, üblicherweise als Vorstufe zum Sozialplan, Fragen zur organisatorischen Durchführung der Betriebsänderung. Damit sind ausschließlich die Rahmenbedingungen der Umsetzung gemeint. Regelungen zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile sind hingegen Bestandteil des Sozialplans.
Als kollektive Vereinbarung zwischen Unternehmer und Betriebsrat stellt der Interessenausgleich eine Interessenabwägung beider Verhandlungspartner dar. Das ist in der Praxis nicht einfach.
Der Versuch des Interessenausgleichs ist dabei auch nicht nur eine Pflichtübung. Insbesondere dann, wenn sich Märkte und Rahmenbedingungen ändern, besteht die Notwendigkeit unternehmerischer Entscheidungen. Unternehmerisches Ziel ist und bleibt es, den Betrieb wirtschaftlich und zukunftsorientiert zu führen. Und ja, Veränderungen können auch Kündigungen einschließen.
Gerne unterstütze ich dich bei deiner geplanten Betriebsänderung oder beantworte dir deine offenen Fragen zum Thema.
Kontaktier mich gern jederzeit oder buch dir einen Gesprächstermin.
Im Falle einer Kündigung solltest du versuchen, mit dem Betriebsrat
in den Interessenausgleich aufzunehmen. Denn als Arbeitgeber erhältst Du dadurch folgende Vorteile, wenn es später zu Kündigungen kommt:
Mehr zum Thema Trennung von Mitarbeitern erfährst du in diesem Beitrag.
Auch wenn der Abschluss eines Interessenausgleichs nicht erzwungen werden kann, sollte er Dein Ziel sein, da er den weiteren Verfahrensablauf vereinfachen kann. Der Betriebsrat wird das gleiche Ziel verfolgen. Dass es als Grundvoraussetzung ernsthaften Einigungswillen zum Abschluss eines Interessenausgleichs zwischen Dir und dem Betriebsrat braucht, versteht sich von selbst. Aber der Kompromiss kann sich mit Blick auf andernfalls drohende Kündigungsschutzprozesse durchaus lohnen.
Scheitert der Einigungsversuch, kann eine erneute Verhandlung im Rahmen einer Einigungsstelle geführt werden. Diese unterbreitet im Streitfall einen Vermittlungsvorschlag. Die Entscheidung, diesen anzunehmen, obliegt aber den Betriebsparteien. Scheitert die Einigung mit dem Betriebsrat auch vor der Einigungsstelle, gilt der Interessenausgleich dennoch als versucht.
Ist es empfehlenswert, Verhandlungen vor einer Einigungsstelle fortzuführen? Nein, eher nicht! Die Umsetzung der geplanten Betriebsänderung verzögert sich und der weitere Ablauf wird unüberschaubarer. Auch sind Ergebnisse einer Einigungsstelle oft nicht so tragfähig wie solche, die bilateral zwischen den Betriebsparteien ausgehandelt wurden.
Übrigens: Ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhandlung über einen Interessenausgleich ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbußen geahndet werden kann. Auch können benachteiligte Mitarbeiter Abfindungs- bzw. Nachteilsausgleichsansprüche einklagen. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber ohne zwingende Gründe gegen einen geschlossenen Interessenausgleich verstößt (§ 113 BetrVG).
Der Sozialplan regelt, wie eine Betriebsänderung umgesetzt werden soll, sprich welche konkreten Maßnahmen die sozialen Nachteile für die betroffene Belegschaft abmildern sollen.
Arbeitgeber und Betriebsrat entscheiden gemeinsam, wie das erfolgen soll. Sie bewerten, welche Nachteile die Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer mit sich bringt und wie diese abgefedert werden können. Der Handlungsspielraum ist weit gefasst. Mögliche Regelungen zum Ausgleich entstehender Nachteile können sein:
Beachte: Ansprüche, die Du in Abstimmung mit dem Betriebsrat in einem Sozialplan geregelt hast, stehen den betroffenen Arbeitnehmern gem. § 77 Abs. 4 S.1 BetrVG unmittelbar und zwingend zu. Der Sozialplan legt deren entsprechende Fälligkeit fest.
Übrigens: Sofern Du die geplante Betriebsänderung erst grob abschätzen kannst, ist es auch möglich, einen freiwilligen oder auch vorsorglichen Sozialplan mit dem Betriebsrat abzuschließen. Da es dem Betriebsrat im Zweifelsfall noch nicht möglich sein wird, alle künftigen Umstände zu beurteilen, bleiben seine Beteiligungsrechte bei der Konkretisierung der Betriebsänderung dann jedoch bestehen.
Im Gegensatz zum Interessenausgleich ist der Sozialplan bei Betrieben mit Arbeitnehmervertretungen in der Regel erzwingbar. Im Streitfall muss eine Einigungsstelle angerufen werden.
Mehr über das Instrument des Outplacements erfährst du in diesem Beitrag.
Interessenausgleich und Sozialplan nehmen aus unterschiedlichen Perspektiven Bezug auf dieselbe Betriebsänderung. Diese stehen in Wechselwirkung zueinander. Das heißt, der Inhalt des Interessenausgleichs legt die geplante Betriebsänderung fest, auf welche sich dann der Sozialplan bezieht. Sprich, dass „ob“ und „wie“ hat Einfluss auf den Minderungsbedarf des Sozialplans. In der Praxis werden daher oft parallele Verhandlungen geführt, in denen nicht selten die meist konträren Belange von Arbeitgebern und Betriebsräten aufeinandertreffen.
Neben Fingerspitzengefühl braucht es Expertise, um einen Interessenausgleich und einen Sozialplan abzustimmen, der die Belange beider Interessengruppen aufgreift.
Als Fachanwältin für Arbeitsrecht und Mediatorin habe ich diesen Prozess bereits mehrfach in der Praxis begleitet. Der externe Blick hilft nicht nur Stolpersteine zu umgehen, sondern kann maßgeblich für einen gelungenen Abschluss der Verhandlungen sein. Mein Rat: Gestalte den Prozess betrieblicher Veränderungen so leicht wie möglich und lass uns Deinen konkreten Fall diskutieren. Übrigens finden einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geregelte Maßnahmen in der Regel deutlich größere Akzeptanz bei der Belegschaft - Stichwort: Rückendeckung durch den Betriebsrat. Das ist in der Praxis ein nicht zu unterschätzender Aspekt.
Du hast weitere Fragen zum Thema Interessenausgleich und Sozialplan?
Kontaktiere mich gern jederzeit oder buche dir einen Gesprächstermin für ein unverbindliches Erstgespräch. Gemeinsam finden wir sicher eine Lösung für dein individuelles Anliegen.
Der Interessenausgleich regelt „ob“, “wann” und „wie“ eine geplante Betriebsänderung durchgeführt wird. Der Sozialplan hingegen legt fest, wie die wirtschaftlichen Nachteile für betroffene Arbeitnehmer abgemildert werden.
Nein, der Abschluss eines Interessenausgleichs kann nicht erzwungen werden, er muss jedoch versucht werden, der Betriebsrat hat insoweit einen Verhandlungsanspruch.
Ja, der Sozialplan ist bei Betrieben mit Arbeitnehmervertretungen grundsätzlich erzwingbar. Ausnahmen bestehen nur in solchen Fällen, in denen die Betriebsänderung ausschließlich in der Entlassung von Arbeitnehmern besteht sowie in den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens, § 112a BetrVG.
Der Sozialplan enthält Maßnahmen zur Minderung der aus der Betriebsänderung entstehenden Nachteile für die Belegschaft. Das können Abfindungen, Lohnausgleich, Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld oder Vorruhestandsregelungen sein. Denkbar sind z.B. auch die Übernahme von Fortbildungskosten oder Outplacement-/ Newplacement-Maßnahmen.
Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann als Berater den Verhandlungsprozess begleiten und dabei helfen, faire und rechtssichere Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu finden.
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