Anständige Coaching-Verträge vs. Abzocke: Tipps und Tricks für seriöse Coaching-Anbieter und enttäuschte Kunden

Mit Sicherheit hast du diese Woche mindestens ein Coaching-Angebot auf SocialMedia erhalten. Oder bist du  selbst Coach und aktuell auf Kundenakquise?

Der Coaching-Markt boomt: Business-Coaching, Life-Coaching, Sport-Coaching, Beziehungs-Coaching ... die Themen kennen fast keine Grenzen. Die Preise teilweise auch nicht.

Achtung Abzocke
Du hast offene Fragen zum Thema Coaching Verträge oder benötigst rechtliche Unterstützung? Gerne können wir in einem unverbindlichen Erstgespräch darüber sprechen, ob und wie ich dir bei deinem Anliegen helfen kann. Komme jederzeit gerne auf mich zu. Kontaktiere mich per Mail kanzlei@silkehendrix.de oder telefonisch +49 (0)30 6293 2353

Die Digitalisierung und der anhaltende Trend zum Online-Unterricht öffnen die Türen für unkomplizierte Durchführungswege - die Anteile von Coachings in Präsenz im Vergleich zum Online-Coaching sind laut einer Studie aktuell fast ausgewogen.

Doch die Begeisterung ist nicht uneingeschränkt.

Schwarze Schafe unterwegs

Um es vorweg zu sagen: Ich habe überhaupt nichts gegen Coachings, ganz im Gegenteil! Ich habe selbst schon an mehreren teilgenommen und bin den meisten meiner Coaches unendlich dankbar für ihre tolle Arbeit! Und mir selbst auch, dass ich mich getraut habe, eine Menge Geld in mich und mein Business zu investieren – das meiste davon war jeden Cent wert.

Leider gibt es auch ganz andere Beispiele: Fehlende Expertise, leere Versprechungen, Einheitsbrei und Schlechtleistung auf Anbieterseite – und das Ganze für horrende Preise.

Da ist es kein Wunder, wenn auf Kundenseite über Rückforderungsansprüche nachgedacht wird. Dabei gibt es bestimmt auch schwarze Schafe, die ganz nach dem Motto unterwegs sind: „Da hol ich mir mal die volle Leistung und will dann nicht zahlen“. Nach meiner Erfahrung sind es aber doch meist eher die wirklich Enttäuschten, die hinterher versuchen, ihr Geld zurückzubekommen.

Dennoch: Aus Coaching-Sicht ist Absicherung das A und O. Und als frustrierter Kunde solltest du wissen: es ist nicht aussichtslos, Rückforderungsansprüche geltend zu machen.

Kennst Du die rechtlichen Anforderungen für Dein Coachingbusiness?

Weißt Du als Kunde um deine Rechte, wenn die Leistung nicht stimmt?

Merke: Eine vertrauensvolle Beziehung ist die Basis für ein erfolgreiches Coaching, eine gut geregelte Rechtsbeziehung die Grundlage einer jeden Geschäftsverbindung!

Hier erfährst Du alles Wissenswerte!

Die Eignung als Coach - Reicht Selbsternennung aus?

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „Coach“ mit Erfolg und Problemlösung assoziiert. Ein geschützter Begriff verbirgt sich aber nicht dahinter. Anders als bei den rechtlich geschützten Berufsständen wie z.B. Psychotherapeuten oder Heilpraktikern, für die klar geregelt ist, wer sich so bezeichnen darf, kann sich jeder Coach nennen und sein Angebot auf den Markt bringen.

Das heißt aber noch nicht, dass man sich im regelungsfreien Raum bewegen würde und einfach alles behaupten dürfte, was man vielleicht selbst glaubt. Dem steht unter anderem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) entgegen: Ein Anbieter darf sich durch falsche Angaben zu seiner Befähigung oder Leistung keinen Wettbewerbsvorteil verschaffen! Sonst drohen Schadensersatzforderungen, Abmahnungen und Unterlassungsansprüche.

Wer daher selbst noch nicht über erkennbare Erfahrungen verfügt und keine - nachweislichen - nennenswerten Umsätze in einem Gebiet erzielt hat, sollte sich besser nicht allzu überschwänglich auf Social Media damit brüsten, Experte auf eben diesem Gebiet zu sein. Wer Kunden ein Coaching verkaufen will, in dem sie angeblich lernen, wie sie Millionen verdienen, der sollte selbst nicht grade knapp über der Kleinunternehmergrenze verdienen.

Ich weiß, dass von Coaches oft der Grundsatz propagiert wird, was man sich vorstellen kann, kann man auch erreichen (what you can dream, you can be). Das mag auch alles sein – es darf allerdings nicht dazu führen, dass den potenziellen Kunden etwas suggeriert wird, was noch gar nicht da ist. Das ist schlichtweg Täuschung und damit rechtswidrig.

Sowohl aus Sicht des Coaches als auch des Kunden gilt daher: Eine öffentlich zugängliche Vita, der Nachweis von Qualifikationen, realistische Kunden-Stimmen und nicht zuletzt eine transparente Aufschlüsselung des Angebots sowie des verlangten Honorars sind Anhaltspunkte für seriöse Coaching-Anbieter.

Braucht man zwingend einen Coachingvertrag?

Aus meiner Erfahrung weiß ich: „Vertrag kommt von vertragen.“ Verträge bilden die Grundlage einer Geschäftsbeziehung – so auch im Coaching.

Ein Vertrag

  • legt die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit fest
  • schafft Klarheit und Verbindlichkeit
  • vermeidet enttäuschte Erwartungen und kann Streit im Nachhinein verhindern

Ich rate daher dringend – und das gilt für beide Seiten: Schließt einen Coaching-Vertrag ab, in dem wenigstens die wichtigsten Aspekte wie

  • Vertragsparteien 
  • Inhalt und Zeitraum der Leistung (z.B. Einzel- oder Gruppencoaching, ggf. Gruppengröße, Anzahl der Sitzungen, Dauer)
  • Preis und Zahlungskonditionen
  • Vertraulichkeit
  • Datenschutz

geregelt sind. Sonst weiß doch hinterher keiner mehr, was eigentlich vereinbart sein sollte. Einfach nur eine Nachricht über einen Messenger „ich bin dabei“ oder ähnliches, genügt den oben stehenden Anforderungen daher nicht. Eine bloße Rechnung, auf der ein paar der oben stehenden Aspekte aufgelistet sind, übrigens auch nicht.

Dienst- oder Werkvertrag - die Rechtsfolgen bei Mängeln

Coaching-Musterverträge finden sich zahlreich im Internet. Oft werden diese einfach mittels copy&paste verwendet. Dabei ist das meist keine gute Idee; vielmehr empfiehlt sich die Rücksprache mit einem versierten Anwalt für Vertragsrecht, denn der Vertragsgegenstand bestimmt die Art des Vertrages und legt damit dessen Rechtsfolgen fest.

Coachingverträge sollten in der Regel als Dienstvertrag ausgestaltet sein. Denn üblicherweise wird kein konkreter Erfolg festgelegt, an dem sich der Coach dann auch messen lassen müsste (Werkvertrag); sondern der Coach schuldet „nur“ die Erbringung einer Dienstleistung, ohne das Versprechen eines bestimmten messbaren Erfolges.

Warum ist diese Unterscheidung wichtig? Weil das Dienstvertragsrecht (anders als der Werkvertrag) keine Gewährleistungsansprüche bei Schlechtleistung kennt. Aus Sicht des Coaching-Anbieters also die deutlich bessere Alternative. 

Für enttäuschte Kunden hilft dann nur: lies bitte weiter.

AGB - notwendig, Gefahr oder Segen?

Man kann es nicht oft genug sagen: Eine irgendwie geartete Vereinbarung über die Rahmenbedingungen des Coachings ist wichtig. Diese können in einem von beiden Seiten unterschriebenen Coachingvertrag festgelegt werden oder auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Coaches. Das macht es etwas einfacher, birgt aber auch Risiken, denn für AGB gelten besondere Vorgaben( §§ 305 ff BGB), was man wie regeln darf, gerade im B2C-Bereich.

Ganz wichtig: Auch wenn du als Coach keine offiziellen AGB hast - bei Verträgen mit Verbrauchern unterliegen auch vorformulierte Vertragsbedingungen den strengen Vorgaben des AGB-Rechts mit der Folge, dass man höllisch aufpassen sollte, was und wie man regelt. Der Teufel steckt hier oft im Detail. Es ist daher nicht ratsam, einfach etwas selbst „zu basteln“.

Aus Sicht eines Verbrauchers, der sich über die mangelhafte Leistung eines Coaches ärgert, lohnt hingegen in jedem Fall der kritische Blick in den Vertrag/die AGB: Nicht alles, was dort steht, muss wirksam sein, z.B. der Ausschluss des Kündigungsrechts. Finden sich unwirksame Regelungen, bieten diese Angriffsfläche z.B. für Rückforderungsansprüche.  

Widerruf von Coaching-Verträgen

Häufig werden Coaching-Verträge nicht mehr im persönlichen Beratungsgespräch vor Ort, sondern über Onlineauftritte, Mail oder Telefon gebucht. Verfolgt der Kunde mit dem Coaching einen Zweck, der nicht seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann, bewegen wir uns im B2C Bereich. Dann findet das Fernabsatzrecht Anwendung und damit erhält der Kunde (als Verbraucher) ein 14-tägiges Widerrufsrecht.

Das Problem dabei – bzw. aus Kundensicht ein echter Glücksfall: Wenn über dieses Widerrufsrecht nicht korrekt belehrt wurde, verlängert sich die Frist zum Widerruf auf ein Jahr. Das heißt: Selbst wenn das Coaching schon (ggf. sogar vollständig) stattgefunden hat, kann ein Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Vergütung bestehen. 

Vom weit verbreiteten Trick, eine Klausel in die AGB aufzunehmen, dass Verträge nur mit Unternehmern und nicht mit Verbrauchern geschlossen werden, rate ich übrigens ab. Ob der Kunde in seiner Unternehmereigenschaft oder als Verbraucher handelt, ist immer objektiv zu prüfen und kann nicht vereinbart werden.

Um als Coach sicherzugehen, ist fundierte Beratung unbedingt anzuraten. Bitte greife nicht auf aus dem Internet heruntergeladene Muster-Erklärungen zurück.

Und wenn du als Verbraucher ein Coaching gebucht hast, dessen Leistungen nicht den Erwartungen entsprechen, empfiehlt sich der Gang zum Anwalt, um ein etwaiges Widerrufsrecht prüfen zu lassen.

Den Wolf im Schafspelz jagen - Sittenwidrigkeit und Anfechtbarkeit

Grundsätzlich sollte man sowohl als Coach als auch als Kunde darauf achten, dass die versprochenen Ergebnisse und Veränderungen realistisch sind. Übertriebene Leistungsversprechen und ein auffällig hoher Preis sind Anlass, genauer hinzuschauen.

Eine Zeit lang waren Phantasie-Preise für Coachings offenbar „in“. Fünf- bis sechsstellige Summen für Massenveranstaltungen ohne jede Individualität und nutzlosen Inhalt, vermittelt durch selbsternannte Coaches, die über kaum eigene Erfahrung auf dem Gebiet verfügen, sind leider keine Seltenheit.

Zwar gilt auch für Coachings grundsätzlich das Prinzip der Vertragsfreiheit: Wenn jemand bereit ist, viel Geld zu bezahlen (ohne sich vorher ausreichend davon zu überzeugen, dass er auch eine adäquate Leistung erhält), ist er an den Vertag gebunden. Das gilt aber nicht grenzenlos: bei gar zu auffälligem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kann der Vertrag gem. § 138 BGB sittenwidrig sein. Auch hier die Folge: Geld zurück.

Sollte der Kunde bei Abschluss des Coaching-Vertrages sogar bewusst getäuscht und dadurch zum Vertragsabschluss bewegt worden sein, kann der Vertrag gem. § 123 BGB angefochten werden. Auch das Erzeugen einer Druck-Situation kann zur Anfechtung berechtigen. Allerdings muss die Täuschung bzw. die Ausübung von Druck nachweisbar sein.

Ich kündige einfach!

Ob und unter welchen Voraussetzungen die Kündigung eines Coachingvertrages möglich ist, hängt unter anderem von der Vertragsgestaltung ab. Merke:

  • Selbst wenn Vertrag oder AGB die Kündigung ausschließt, muss das nicht wirksam sein
  • Die Bedingungen, unter denen eine Kündigung möglich ist, insbesondere einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung, sind genau zu prüfen
  • Eine Kündigung gilt nur für die Zukunft, nicht rückwirkend
  • Kündigungen sollten zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. Auch ihr Zugang beim Vertragspartner sollte nachweisbar sein

ZFU-Zulassung von Coaching Angeboten - Das (alte) FernUSG wird plötzlich berühmt

Bis vor wenigen Monaten hatten viele Coaches von einem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) vermutlich noch nie etwas gehört. Dann aber gab es plötzlich Gerichtsurteile, die eine Menge Staub aufwirbelten – z.B. das Urteil des OLG in Celle vom 1. März 2023 (3 U 85/22).

Worum ging es? Eine Coachee (selbst Unternehmerin) wollte sich vom Vertrag lösen, widerrief den Vertrag und stellte die vereinbarten Ratenzahlungen ein. Die Anbieterin des Coachings wollte das nicht akzeptierten und klagte auf Zahlung.

Die wichtigsten Learnings aus dem Urteil:

  • Online Coaching-Verträge können als Fernlehrgang nichtig sein, wenn das Programm nicht über die erforderliche Zertifizierung für Fernlehrgänge nach § 12 FernUSG verfügt
  • das FernUSG findet nicht nur bei Verbraucherverträgen Anwendung, sondern schützt auch Unternehmer, die einen Fernlehrgang abgeschlossen haben

Was nun? Müssen Coachingangebote zwingend durch die ZFU zugelassen sein? Ist mit einer Welle von Rückforderungsklagen zu rechnen?

Das Urteil des OLG Celle ist noch nicht rechtskräftig. Es gibt andere Gerichte, die zumindest die Anwendbarkeit auf Verbraucher infrage stellen und ob „Coaching“ ein Lehrgang im Sinne des Gesetzes ist, ist jedenfalls eine Einzelfallfrage. Insgesamt ist hier aus meiner Sicht noch einiges im Fluss. Perspektivisch bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung entwickelt. Meine Handlungsempfehlungen für Coaching-Anbieter für den Moment:

  • Nicht in Panik verfallen!
  • Versuche, wenn möglich, den überwiegenden Teil des Coachings offline anzubieten
  • Führe keine Lernerfolgskontrollen durch. Coaching ist Entwicklung! Achtung: Der Begriff der Lernerfolgskontrolle wird aktuell weit ausgelegt, d.h. auch die Möglichkeit, inhaltliche Fragen zu stellen, soll hierfür ausreichen
  • Zeichne deine (Online-)Seminare nicht auf, stell sie nicht auf einer Online-Plattform den Teilnehmern zur Verfügung
  • Lass jeden auf dem FernUSG beruhenden Rückforderungsanspruch prüfen

Aber am wichtigsten und immer gültig: Qualität schafft Vertrauen und setzt sich durch. Wirklicher Mehrwert spricht für sich! Dann ist die Wahrscheinlichkeit, mit Rückforderungsansprüchen konfrontiert zu werden, deutlich geringer.

Für enttäuschte Verbraucher kann die (nachträgliche) Geltendmachung einer Nichtigkeit des Vertrages nach dem FernUSG jedoch eine willkommene Möglichkeit sein, sich ihr Geld wiederzuholen.

Fazit

Du siehst, nicht nur die Coaching-Welt ist bunt. Genauso vielfältig sind die Risiken für Coaches, mit Rückforderungsansprüchen der Kunden konfrontiert zu werden sowie die Möglichkeiten enttäuschter Coachees, sich ihr Geld zurückzuholen.

Eine anwaltliche Beratung ist mit Sicherheit sinnvoll! Ich unterstütze dich gern bei der Vertragsgestaltung. Und wenn du als Kunde – egal ob Unternehmer oder Verbraucher – das Gefühl hast, viel zu viel Geld für schlechte Leistung gezahlt zu haben, melde dich ebenfalls gern bei mir.

Bildquellennachweis: © Andriy Popov| PantherMedia

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